Kurz nach den Sommerferien backte ich meinen 94. Geburtstagskuchen, knapp zwei Wochen später den 95. und im November folgt Nummer 96 (nur die Geburtstagskuchen für die Kinder gezählt! Und wären unsere beiden Kleinsten keine Zwillinge, hätte ich längst den hundertdrölfzigsten Geburtstagskuchen gebacken).
An was sich mein Herz bisher nicht gewöhnte (und das wird es wohl nie und nimmer): dass es nun Geburtstage gibt, an denen das Geburtstagskind nicht bei uns ist, weil es nicht mehr zu Hause wohnt. Seit einigen Jahren üben wir uns im Geburtstagohnedasgeburtstagskindfeiern – zuerst war`s nur einer, jetzt sind`s schon zwei….
Von Anfang an feiern wir am Geburtstagsmorgen ganz einfach trotzdem Geburtstag und das beinahe fast wie immer, nur eben ohne das Geburtstagskind, dafür mit einem an diesem Tag besonders sicht- und spürbar nicht besetzten Stuhl am Esstisch. Der Geburtstagstisch wird aber in gewohnter Tradition festlich gedeckt und der Jahreszeit des Geburtstagskinds entsprechend geschmückt, wir backen am Vorabend gemeinsam unseren klassischen Geburtstagskuchen, ganz genau so, wie wir ihn schon backten und verzierten, als unsere Kinder noch klein waren. Oft schlecke ICH an solchen Tagen die Teigschüssel aus, das versüßt mir nämlich zumindest ein bisschen den dicken Kloß im Hals, der sich spätestens beim Backen bemerkbar macht! Die Wehmut im Herzen lässt sich leider nicht so einfach auspusten, wie die Kerzen auf dem Geburtstagstisch.
Unser Geburtstagskuchenrezept:
200 g Butter
4 Eier
ca. 180 g Zucker
ca. 350 g frisch gemahlener Dinkel
1 Pck Backpulver
1 Glas Sauerkirschen
50 g grob geraspelte Schokolade
nach Bedarf etwas Milch
200 g Schokolade für den Guss
bunte Schokolinsen
Butter, Zucker und Eier schaumig rühren (der Zucker sollte sich aufgelöst haben). Das Mehl mit Backpulver mischen, in die Schüssel geben, anfangs langsam untermengen, dann auf hoher Stufe kräftig durchrühren (meine Konditorfreundin sagte mir früher mal, dass dadurch Luft untergemengt wird und der Kuchen dann schön locker wird). Die geraspelte Schokolade und die abgetropften Kirschen zugeben und untermengen. Nach und nach etwas Milch zugeben, bis der Teig locker vom Löffel fällt (Vollkornmehl braucht etwas mehr Flüssigkeit zum Quellen als helles Mehl). Den Teig in eine gefettete runde Kuchenform* geben und bei 160 °C (Umluft, ohne Umluft ca. 180 °C) ca. 40 Minuten auf der mittleren Schiene backen. Den Kuchen ganz erkalten lassen, dann die geschmolzene Schokolade über den Kuchen gießen, etwas abkühlen lassen und mit „Sankt Marties“ schmücken.
→“Sankt Marties“ war bei unseren beiden Jüngsten lange Zeit der Begriff für die altbekannten bunten Schokolinsen, die wahrscheinlich fast jeder kennt (ihr ahnt vielleicht, welche gemeint sind…), die gab`s ja schon, als ich noch klein war. Lange gab es dafür keine Alternative (ab und zu nahmen wir stattdessen Gummibärchen), inzwischen findet man aber auch in Bioläden oder Reformhäusern süße bunte Schokolinsen (den Namen Sankt Marties haben wir einfach in unseren Wortschatz mit aufgenommen 😉
Noch eine kleine Anmerkung zum Getreide: wir haben seit knapp 25 Jahren eine Getreidemühle, mahlen unser Getreide daher immer direkt vor dem Backen ganz frisch. Ich machte die Erfahrung, dass sich frisch gemahlenes Getreide (wir verwenden immer Dinkel) ganz anders auf den Teig/das Gebäck auswirkt, als abgepacktes Vollkornmehl, warum auch immer (auch beim Brot/bei Brötchen usw. beobachte ich das), die Konsistenz ist irgendwie anders – ich mag das sehr. Falls ihr keine Getreidemühle habt, könnt ihr den Unterschied trotzdem mal testen, falls ihr möchtet, denn viele Bioläden bieten den Service an, Getreide frisch mahlen (unser Mühlenladen ebenso).
Ich backe unseren Geburtstagskuchen immer schnurstracks aus dem Bauch heraus ohne Rezept, wiege nichts ab, backe einfach nach Gefühl – die Angaben oben sind deshalb geschätzt, ich denke aber, es müsste so passen.
*Zur Backform: wir haben eine handgemachte Kuchenbackform vom Töpfer und dazu noch zwei in verschiedenen Farben aus Porzellan, siehe Bild – diese Backformen sind nicht nur äußerst praktisch, sondern sehen dazu auch noch zauberschön auf dem gedeckten Tisch aus)
So, was ich euch aber eigentlich gerne zeigen wollte, ist mein Geburtstagsgeschenk an unser großes Mädchen, das Baskenmützen genauso liebt wie ich (bzw. schwappte die Liebe dazu von ihr zu mir):
Mit vielen kleinen Handstichen bestickte ich meinem Geburtstagsmädchen die nachthimmelblaue Baskenmütze mit einem leuchtenden Sternenhimmel und obendrein mit ihrem Sternzeichen – nun kann sie gut behütet ihr neues Lebensjahr antreten ♥
(auf den Bildern hier wird das „Sternenhäubchen“ nicht vom Geburtstagskind selbst getragen, sondern von der kleinen Schwester)
Je öfter ich die Sticknadel in die Hand nehme, desto mehr kehrt auch die Liebe zur Handstickerei wieder in Herz & Hand. Dass meine Stickmaschine, seit mehr als 10 Jahren famose Mitarbeiterin in meinem Nähstübchen, das Sticken mit der Hand so verdrängt, das finde ich wirklich etwas schade. Von meinem Köfferchen, in dem ich seit 25 Jahren meine früheren Sticksachen aufbewahre, musste ich erst einmal ordentlich Staub pusten, als ich es vor etwa eineinhalb Jahren wieder unter`m Sofa hervor kramte, um (noch etwas unbeholfen) ein kleines Amselchen zu sticken. Oh, ich vergaß ja fast, dass damals auch das ein oder andere von Hand gestickte Ringkissen (eigentlich waren es keine Kissen in diesem Sinn) entstand (ich fürchte, beim Blogumzug wurden nicht alle Bilder übernommen):
Das Sticken von Hand ist derzeit ja auch wieder „in aller Hände“ und erlebt einen richtigen Aufschwung in der Handarbeitswelt, nicht nur bei uns in Deutschland (in Japan entwickelte sich eine ganz eigene, unglaublich schöne und leichtherzige Art). Nun sitze ich dann und wann wieder mit Stickrahmen auf dem Schoß und Nadel & Faden in der Hand im Schneidersitz (und mit Brille, ohne klappt`s leider gar nimmer) auf dem Sofa. Ein Leinenkleidchen ist bereits fertig (eigentlich zwei, ein kleines wurde im Sommer verschenkt), mein blaues Vergissmeinnichtkleid braucht noch eine Hand voll Blüten und Blättchen und eine weitere Baskenmütze liegt anfänglich bestickt momentan neben mir auf dem Schreibtisch und wartet nur darauf, dass es endlich wieder ein Stückchen voran geht. Ich sticke gerne nebenbei, zum Beispiel während die beiden Kleinen neben mir sitzend ihre Hausaufgaben machen oder wenn sie Klavier und Geige üben. Da ist es ganz nett, wenn meine Hände währenddessen ein bisschen etwas zu tun haben.
Oft bekomme ich zu lesen, dass es manche von euch so schade finden, keine Stickmaschine zu haben, aber hej, dafür gibt`s doch eine richtig schöne Alternative, vielleicht kann ich euch dazu ermutigen? Versucht doch mal, eine klitzekleine Kleinigkeit mit der Hand zu sticken, es ist gar nicht so schwer, wie man vielleicht meint und es muss auch überhaupt nicht perfekt aussehen (ich bin auch weit davon entfernt, aber es macht mir sehr viel Freude und mit jedem Stickprojekt lernt man etwas dazu – neben Stickbüchern sind Youtube-Tutorials prima Helfer). Ich schrieb neulich schon einmal, dass ich meine liebeguteste Stickmaschine zwar auf gar, gar keinen Fall mehr missen möchte, aber eine Stickmaschine stickt eben einfach nur eine Stickmaschine. Es ist ein kleines bisschen wie mit einem Brief, den man entweder mit persönlicher Note von Hand oder eben rationeller am PC tippen könnte. Etwas von Hand zu sticken ist so schön besonnen und gemächlich, so still und leise und gemütlich und für mich genau das richtige für die Herbst- und Winterzeit. Nur zu also, probiert es einfach mal aus, vielleicht mit einem Kreuzstichmotiv, das kann wirklich jeder (man muss im Grunde nur Kreuzchen zählen und übertragen) und kleinere Motive wie das Rehlein unten (Motiv aus einem Handarbeitsbuch von acufactum) sind sogar recht geschwind gestickt!!!!
Michèle ♥