So schnell kann`s gehen – vorige Woche war ich bei meinem großen Mädchen in Berlin und kaum zurück daheim, bekam ich am Montag den Anruf eines Imkers aus dem Odenwald – er hatte doch tatsächlich einen Naturschwarm für mich. Wenn mich jemand am Telefon gesehen hätte, er hätte sicher gemeint, ich hätte was am Herzen, weil ich eine Hand ganz fest auf eben dieses gepresst hatte…. ich wagte nämlich in diesem Jahr eigentlich gar nicht mehr zu hoffen…
Am Abend (Montag, 27. Mai) fuhr ich dann sehr aufgeregt eine gute Stunde lang zum Imker (die Musik von den Milk Carton Kids drehte ich besonders auf, um mein laut pochenden Herz zumindest ein bisschen zu übertönen), während mein Mann mit den Kindern noch ziemlich spontan ein provisorisches Regendach für das Bienenhaus baute (am Himmel sammelten sich schon etliche Wolken). Der Weg zurück nach Hause war natürlich noch etwas aufregender als der Hinweg, schließlich summte es im Kofferraum ordentlich – ein bisschen ängstlich war ich, muss ich gestehen… Ich wollte einerseits so schnell wie möglich nach Hause, fuhr andererseits aber langsam und vorsichtig (mein Kopfkino hatte ein sonderbares Programm). Ich brauchte beinahe 1 1/2 Stunden zurück nach Hause und könnte ich die Zeit zurück drehen, hätte ich die Bienen lieber noch eine weitere Nacht in ihrer Schwarmbox gelassen, als sie so spät am Abend noch einlaufen zu lassen – vielleicht war das mit der Grund, weshalb sich dieses sehr eindrückliche Schauspiel so in die Länge zog. Anfangs war es wie im Bilderbuch (bzw. wie in DIESEM Filmbeitrag von Mellifera auf Youtube zu sehen), doch irgendwann stockte der Bienenzug, ein Teil befand sich drinnen in der Bienenkiste, der andere an der Außenwand (wie auf den ersten beiden Bildern unten zu sehen). Das blieb auch die Nacht über so, gegen 2 Uhr schaute ich nämlich nochmal nach meinen neuen Gartenbewohnern – an Schlaf war nicht zu denken, ich war noch immer ganz aus dem Häuschen. Am anderen Morgen versuchte ich, die außen sitzenden Bienen vorsichtig mit dem Bienenwesen zurück auf die Fläche vor die Bienenkiste zu fegen, einige nahm ich mit einem Esslöffel sachte von der Wand ab und setzte sie direkt ans Flugloch – zum Glück setzte sich die Prozession dann wieder in Gang, nach einer guten Stunde war sozusagen alles im Kasten (und auch ich so langsam wieder in meinem Häuschen). Was für eine Aufregung…. Nun hoffen wir hier alle, dass die Königin mit in der Bienenkiste ist!!!
(Einlogieren am 27./28. Mai 2019)
Tag 3
Das ist der Anblick vor dem Flugloch am zweiten bzw. dritten Tag (29. Mai) nach dem Einlogieren unserer Bienen – man erkennt hier, wie sich die Bienen mit dem Gesicht zur Bienenkiste gewandt hin und her schaukelnd einfliegen* – das ging bis Freitag so, vereinzelt konnten wir am Donnerstag erstmals Bienen mit Pollenhöschen sehen (seit Mittwoch bekommen die Bienen als Starthilfe abends ein Schälchen Sirup in den hinteren Bereich der Bienenkiste gestellt – Bilder folgen demnächst).
Wenn ein Bienenvolk in eine neue Behausung zieht, sieht man einige Arbeiterinnen etwas merkwürdig am Flugloch – sie sterzeln: Die Bienen strecken dabei ihren Popo in die Höhe, verbreiten mit einer Duftdrüse einen Lockstoff und verteilen diesen durch unglaublich schnelles Flügelschlagen um sich herum. Emsig wie Bienchen eben so sind, eilen gleich etliche andere Bienen herbei und helfen unermüdlich mit – sie flattern so schnell mit den Flügelchen, dass man diese kaum noch erkennen kann und mischen so den Duftdrüsenduft mit dem Stockgeruch, der aus dem Flugloch heraus weht – dieser individuelle Bienen-WG-Duft weht wiederum den heimkehrenden Bienen um die Nase und sie wissen sogleich, dass hier ihr Zuhause ist.
*Bienen, denen ihr neues Zuhause noch etwas fremd ist, markieren es drum herum nicht nur mit ihrem eigenen Stockduft, sie müssen sich auch erst einmal tagelang einfliegen. Sie fliegen also nicht sofort in die Ferne, um Nektar und Pollen zu sammeln, sondern prägen sich erst einmal ganz genau die Lage ihrer neuen Behausung ein. Wenn sie das ausgiebig gemacht haben, finden sie auch dann wieder nach Hause zurück, wenn sie viele Kilometer weit weg waren.
Tag 6
Vor dem Bienenhaus stehen nun immer Stühlchen parat, unser erster Weg am Morgen führt uns meist zu den Bienen und so schnell zieht es einen dann auch nicht mehr ins Haus zurück, weil es immer etwas zu entdecken, lauschen, bewundern und zu bestaunen gibt. Einen richtigen Fernseher haben wir seit mehr als 20 Jahren nicht mehr, aber unsere Bienenkiste entwickelt sich zu so etwas wie einem analogen TV mit sehr abwechslungsreichem Programm – ich find`s wunderbar und die anderen Familienmitglieder (bis auf eine, die NOCH zu viel Angst vor solchen Tierchen hat) allem Anschein nach auch ♥
Ja, wir freuen uns wirklich sehr, dass wir nun ein Bienenvolk im Garten haben. Es ist so spannend, wohltuend und abenteuerlich, aber natürlich sind wir uns auch dessen bewusst, dass wir für die Bienen eine große Verantwortung übernommen haben, denn selbst bei der wesensgemäßen Bienenhaltung (← hinter diesem Link befindet sich ein sehr sehenswerter Beitrag dazu), die sich an den demeter-Richtlinien und damit so gut es geht an den natürlichen Bedürfnissen des Biens orientiert, gibt es im Jahreslauf etliche Arbeiten, um die sich der Mensch kümmern muss, auch wenn das Imkern bei dieser Haltungsform nicht in erster Linie darauf ausgerichtet ist, möglichst viel oder überhaupt Honig zu ernten. Im ersten Jahr braucht man ohnehin überhaupt nicht auf Honig zu hoffen, jeglicher Honigvorrat verbleibt beim Bienenvolk und ab dem zweiten Jahr wird man sehen, ob das ein oder andere Gläschen für uns übrig bleibt oder eben auch nicht.
Honigbienen, Wildbienen, Hummeln und andere Insekten verhungern leider heutzutage in vielen Gegenden nämlich förmlich und das liegt zum großen Teil an uns Menschen (die diese Tiere unbedingt brauchen*) und an der Art und Weise, wie wir unsere Umwelt, die Gärten und Landschaften „pflegen“, bzw. überhaupt erst erhalten – ob wir den Insekten z.B. möglichst lange blühende Wiesen überlassen oder ob diese Flächen frühzeitig abgemäht werden, ob die Landwirte dauerhaft Blühstreifen um ihre Felder herum säen (was leider viel zu selten der Fall ist, obwohl die Landwirte doch auf das Bestäuben von Bienen und anderen Insekten angewiesen sind) – ob die Gärten in den Wohngebieten akribisch mit der Nagelschere gepflegt werden oder ob`s um`s Haus herum reichlich und auch mal wild blühen darf – ob die Menschen ihre Vorgärten mit Steinmosaik zupflastern oder ob dort bienen- und insektenfreundliche Sträucher und Bäume einladen… Von Pestiziden mal ganz zu schweigen. Wir Menschen sind diejenigen, die das Artensterben zu verantworten haben (Apropos Schutz der Artenvielfalt – in meinem letzten Blogbeitrag erwähnte ich das Volksbegehren in Baden Württemberg), inzwischen gibt es ein solches auch in Brandenburg → HIER lang bittesehr).
Wenn ich spazieren gehe und mich in und um unserem Lebensraum umsehe (ich achte inzwischen ganz bewusst darauf), wird das Problem deutlich, obwohl wir hier recht ländlich wohnen (natürlich gibt es zum Glück Ausnahmen, aber viele Häusle- und Stücklebesitzer wollen halt einfach einen geschniegelten Garten mit möglichst wenig „Unkraut“ haben). Selbst wunderschöne Baumwiesen werden frühzeitig abgemäht, noch bevor sich die schönen Wildblumen überhaupt aussäen können, damit es nur ordentlich aussieht („was denken denn sonst die Leute…“).
Mich ärgert es auch, dass ich immer mal wieder Dorfbewohner kopfschüttelnd an unserem Haus & Garten vorbei gehen sehe, weil sie es unmöglich finden, wie verwildert es bei uns aussieht, weil wir den Garten noch immer nicht ordentlich gerichtet haben und alles wächst, was und wo(hin) es wachsen möchte. Ja, ein bisschen netter (und dennoch nicht weniger insektenfreundlich) anlegen möchten wir unseren Garten tatsächlich, aber eben dann, wenn für uns die Zeit dafür gekommen ist, denn in manchen Lebensphasen haben einfach andere Dinge Priorität. Und ehrlich gesagt hat die Menschheit doch eigentlich gerade ganz andere Probleme, stimmt`s? Da sollte man sich mal lieber ein großes Loch über so einen Krautundrübengarten in den Bauch freuen!
Noch ein abschließendes Zitat aus „Volksbegehren Artenvielfalt | München„:
*Wissenschaftliche Studien belegen, dass in Bayern immer mehr Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden sind. Besonders betroffen sind die Insekten, die unter anderem für das Überleben der Menschheit als Bestäuber von Nahrungspflanzen existenziell wichtig sind. In Deutschland sind knapp 50 Prozent aller Bienenarten bestandsbedroht oder bereits ausgestorben, über 75 Prozent aller Fluginsekten sind nicht mehr da und die Bestände an Schmetterlingen vielfach sogar noch stärker zurückgegangen, in einigen Regionen Bayerns teilweise um 70-90 Prozent. Unter anderem in Folge des Insektenschwundes leben in Bayern nur noch halb so viele Vögel wie vor 30 Jahren. Diese dramatische Entwicklung will das Volksbegehren Artenvielfalt stoppen.
Das betrifft natürlich keineswegs nur Bayern (das Artensterben kennt schließlich keine Landesgrenzen) und man sollte keinesfalls vergessen, auch vor der eigenen Haustüre zu kehren!
Samstagsgrüße,
Michèle ♥
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