*Werbung (unbeauftragt)
Heute muss ich unbedingt mal wieder in mein Bienentagebuch schreiben, es gibt nämlich etwas ganz Famoses zu erzählen….
Seit drei Jahren summt es nun in unserem Garten, angefangen mit einem Bienenvolk (Salomé), das ich als Naturschwarm von einem Imker über die Mellifera-Schwarmbörse bekam. Für die meisten (konventionellen) Imker und Imkerinnen ist es aus allerlei Gründen eigentlich sehr unliebsam, wenn ihre Bienenvölker schwärmen, weswegen mit diversen imkerlichen Eingriffen versucht wird, den natürlichen Schwarmtrieb der Bienen zu unterdrücken. Ein Grund dafür ist wohl, dass von Schwarmvölkern weniger oder überhaupt kein Honig geerntet werden kann, außerdem ist es natürlich auch zeitaufwändig und mühselig, einen Bienenschwarm wieder einzufangen (wobei es für Bienenhalterinnen und Bienenhalter auch die etwas berechenbarere Alternative des vorweg genommenen Schwarmes gäbe). Meines Wissens wird das Imkern MIT dem Schwarmtrieb nur vom demeter-Verband vorgeschrieben, die anderen Verbände gestehen weitaus mehr Spielraum und Eingriffe in das Wesen und Leben der Bienenvölker zu und als Hobbyimker*In hat man ja ohnehin die Freiheit, selbst zu entscheiden, welchen Weg man mit den Bienen gehen möchte.
Wie so oft bin ich froh, meine ersten Imkerkurse bei Mellifera besucht zu haben (Mellifera war maßgeblich an der Erarbeitung der demeter-Richtlinien beteiligt) und fand so von Beginn meiner Bienenhaltung an eine für mich stimmige Orientierung. Wie viele andere Kleinimkerinnen und Kleinimker, bin ich finanziell nicht vom Honigertrag meiner Bienen abhängig, habe also die Freiheit, Rücksicht auf die Bedürfnisse meiner Bienenvölker zu nehmen. In der Regel werden angehende Bienenhalter und Bienenhalterinnen in Jungimker-Schulungen über die klassischen Imkervereine trotzdem mit dem konventionellen Weg der Imkerei vertraut gemacht, bei dem der Fokus, auch ohne angestrebte Erwerbsimkerei, auf einen möglichst großen Honigertrag gelegt wird. Mit den Bedürfnisse der Bienen und ihrem Wesen wird dabei leider oft weniger achtsam umgegangen und ich habe den Eindruck, dass manchen Hobbyimkerinnen und -imkern das vielleicht nicht einmal so sehr bewusst ist, weil sie es schlichtweg nicht anders lernten und kennen (wobei ich denke, dass man sich so oder so mit dem Wesen der Bienen vertraut machen sollte – Literatur dazu gibt es reichlich). Ich sprach neulich am Bodensee mit einem älteren Herrn, der schon seit Jahrzehnten (konventioneller) Imker ist – als ich ihm erzählte, dass ich seit Beginn meiner Bienenhaltung aus allerlei Gründen noch keinen Honig erntete, sagte er, dass es den Bienen nicht gut tun würde, wenn man ihnen den Honig über den Winter lassen würde. Das würde ihnen schaden und sie schwächen (→ seiner Meinung nach wäre es also besser, den ganzen Honig zu ernten und den Bienen stattdessen ausschließlich Zuckersirup zu geben)…. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, was ich darauf antworten sollte. Ob sich mancher Imker mit solchen Weisheiten wohl schön redet, dass er den Bienen ihre gesamten Vorräte nimmt? Die ersten Honigbienen fand man übrigens in 50 Millionen Jahre altem Bernstein, damals gab es noch keine Menschen, die den Bienen erklärten, dass ihr eigener Honig schlecht für sie sei.
Das Anliegen der wesensgemäßen Imkerei ist, die Grundbedürfnisse eines Bienenvolkes zu achten und dazu gehört u.a., die Schwarmstimmung zuzulassen, wenn sich das Bienenvolk denn gemeinschaftlich dazu entscheidet (und ihnen nicht den ganzen Honig zu stibitzen). Das Schwärmen eines Bienenvolkes ist nicht nur ein wunderschönes und dazu sehr berührendes Schauspiel und Erlebnis für uns Menschen, sondern vor allem ein Grundbedürfnis der Bienen, denn in der Natur wird auf diese Weise ein neues Bienenvolk geboren. Wie schon geschrieben, gibt es in der wesensgemäßen Imkerei die alternative Möglichkeit, einen Schwarm vorweg zu nehmen (hierbei schwärmen die Bienen dann nicht frei, der Imker oder die Imkerin unterbindet jedoch nicht, dass das Bienenvolk in Schwarmstimmung gerät, sondern passt den Schwarmmoment über einen gewissen Zeitraum und durch sehr genaue Beobachtungen ab und teilt im passenden Zeitfenster das Bienenvolkes, noch bevor die Stockmutter (Königin) mit ungefähr der Hälfte ihres Volkes von sich aus ausziehen würde. Vielleicht kann man das ein klein wenig mit einem Kaiserschnitt bei uns Menschen vergleichen – denn wie beim Kaiserschnitt, ist der Zeitpunkt der „Geburt“ etwas vorhersehbar und planbar. Der Imker oder die Imkerin muss den Bienenstand somit während der mehrere Wochen andauernden Schwarmzeit (meist ab ca. April bis Juli) nicht täglich im Blick behalten, um einen abgehenden Schwarm zu entdecken und vor allem wieder einzufangen. Der Schwarm kann also nicht versehentlich entwischen und unglücklicherweise verloren gehen (und womöglich keine neue Behausung finden, was in der heutigen Zeit leider mangels an natürlichen Baumhöhlen usw. meist vorprogrammiert ist). Der Schwarmtrieb selbst wird bei einer Schwarmvorwegnahme jedoch wie gesagt nicht durch allerlei menschliche Eingriffe verhindert!
Vor drei Jahren besuchte ich in Rosenfeld bei Mellifera meinen ersten Imkerkurs – im Augenblick meiner Ankunft schwärmte dort direkt beim Empfang neben dem Eingang ein Bienenvolk (so eine faszinierend schöne Begrüßungszeremonie) und so standen alle Kursteilnehmer plötzlich sehr verwundert und verzaubert mitten in einer summenden Wolke aus tausenden von sehr friedlichen Bienen (wir badeten sozusagen in Bienen – keine einzige stach jemanden). Wer so ein Wunder einmal erleben darf, wird es nie, nie wieder vergessen! Ich war damals so angetan, dass ich nicht nur vom Kopf bis zu den Zehenspitzen Gänsehaut bekam, sondern mir dazu vor lauter Ergriffenheit auch ein paar Tränchen die Wangen entlang kullerten. Es wird einem wirklich ganz ehrfürchtig zumute und spürbar, wie groß und heilig die Natur ist und was für ein einzigartiges Wesen dieser Bien ist. Während der folgenden Tage bei Mellifera erfuhr ich im sehr reichhaltigen Seminar dann auch all die Hintergründe zum Schwarmgeschehen und ich meine, wer dem mit offenen Ohren und Herzen lauscht, kann nur den Wunsch haben, seinen Bienen in möglichst achtsamer Weise zu begegnen.
Nach meinem Imkerkurs brauchte es noch zwei Jahre, bis ich wieder in einen Bienenschwarm eintauchen durfte, dieses Mal konnten mein Mann und ich zu allem Glück selbst einen Bienenschwarm pflücken und zwar in Nachbars Hecke, denn dorthin zog es unsere Bienchen, die mit ihrer bisherigen Königin aus unserem Volk Alma ausflogen. Ein paar Tage zuvor warf ich noch einen vorsichtigen Blick in die Einraumbeute und war erstaunt über den Anblick dieses großen Volkes, dessen riesige Traube bis knapp zum Boden hing (→Bild oben). Aus Unerfahrenheit entdeckte ich bei meinen Kontrollen keine Weiselzellen, sonst hätte ich gewusst, was (und wann) da auf mich zukommt! Wenige Tage später war ich gerade auf dem Weg zum Einkaufen, als ich dieses sonderbare Summen in der Luft hörte. Auch meine Kinder spürten sofort, dass etwas Wundersames in der Luft lag und so stellte ich meinen Einkaufskorb mit angehaltenem Atem schnell auf den Boden und schaute hinüber zum Bienenstand. Unglaublich viele Bienen strömten aus dem Flugloch und mein Blick nach oben zum Himmel ließ mich laut „ohje, es geht los“ rufen. Ich war so aufgeregt!
Man weiß nie so genau, wo sich ein Bienenschwarm erst einmal nieder lässt. Meist hängen Schwärme wie eine große Traube im Baum an einem Ast, mit etwas Glück an einem solchen, der nicht ganz so hoch ist. Unser erster Bienenschwarm flog quer über die Straße und landete sanft in Nachbars Hecke (nicht ganz einfach, die Bienen aus eienr Hecke zu pflücken). Unser Nachbar war zum Glück selbst fasziniert und ließ uns das Schauspiel netterweise ein paar Stündchen lang in seinem Garten beobachten, bevor wir die Bienen am Ende in unsere mitgebrachte Schwarmfangkiste einheimsten. Nach einer guten Woche schwärmte das Restvolk noch ein zweites Mal, diesmal zogen gleich zwei kleinere Tochterschwärme/Nachschwärme (mit unbegatteten Prinzessinnen) aus und ließen sich zum Glück in unserem Garten in den Weinreben nieder. Dort konnten wir die summenden Träubchen relativ einfach (und nun auch schon etwas souveräner und entspannter) einsammeln. Den ersten Schwarm behielten wir selbst (s.u.), die beiden Tochterschwärme (man sagt so, weil es die Töchter der alten Königin sind) vermittelten wir über die Mellifera-Schwarmbörse.
Ein Bienenschwarm wird in der Regel direkt vom Ast in eine sogenannte Schwarmfangbox geschüttet (mit einem kräftigen Ruck auf den Ast, sodass die meisten der Bienen direkt in die Schwarmfangkiste fallen). War die Königin beim ersten Schwung eingesammelter Bienen dabei, wollen alle anderen, die sich noch in der Luft, im Baum, am Boden usw. befinden, unbedingt zu ihren Schwestern und vor allem zu ihrer Königin. Man kann am Eingang der Schwarmfangkiste wunderschön beobachten, wie Bienen emsig den Duft ihrer Königin mit ihren Flügelchen nach draußen fächeln, um so ihren suchenden Schwestern den Weg zu weisen. Es ist unglaublich schön, diesen Zauber zu beobachten
Weil der Nachschwarm aus zwei Schwärmen bestand, wir aber nur eine Schwarmfangkiste hatten, bastelte mein Mann kurzerhand noch eine provisorische aus einem Karton – das funktionierte wunderbar und so konnten wir die beiden Schwärmchen mit ihren Prinzessinnen an die eilig herbei gefahrenen neuen Bienenumsorger weiter geben.
Den Mutterschwarm (so wird der Vorschwarm, bzw. der zuerst ausziehende Schwarm mit der alten Bienenkönigin genannt) stellten wir für eine Nacht in der Schwarmfangkiste in den dunklen Keller – man nennt dies Kellerruhe. Während dieser Nacht können sich die Bienen beruhigen und sich im wahrsten Sinne des Wortes sammeln. Aus dem anfänglichen aufgeregten Durcheinander (so erscheint es zumindest uns Menschen), bildet sich bis zum nächsten Morgen wie von Zauberhand ein harmonisch wirkendes, einheitliches Gebilde, bzw. wieder eine Traube, die ruhig vor sich hin summend am Deckel der Kiste hängt (zumindest dann, wenn die Königin mit dabei ist – falls nicht, erkennt man das meist mit einem Blick).
Wir ließen den Schwarm am folgenden Nachmittag bei Sonnenschein in sein neues Zuhause (eine Stroh-Einraumbeute) einlaufen (→ auf den Bildern unten zu sehen). Das Einlaufen lassen ist ähnlich wie das Schwärmen ein unglaublich besonderes und unvergessliches Erlebnis: hierfür wird ein Brett schräg in Richtung des Fluglochs zulaufend platziert, legt ein weißes Tuch darauf und schüttet die Bienen mit einem kräftigen Ruck aus der Schwarmfangkiste auf das Tuch (manche Imker und Imkerinnen schlagen den Schwarm auch direkt in die Beute ein, d.h., die Bienenmasse wird von oben ohne Umwege gleich in die Behausung gekippt). Beim Einlaufen lassen marschieren erste Bienen ohne zu zögern wie vom Schnürchen gezogen nach oben in Richtung des dunklen Fluglochs, alle Schwestern (samt der Königin) folgen ihnen wie von Zauberhand. Meist sind nach wenigen Stunden alle Bienchen in der guten Stube und beginnen dort augenblicklich mit dem Bau ihrer Waben, damit die Königin Platz zum Eier legen hat und natürlich für frische Vorräte, denn abgeschwärmte Bienen haben nur für max. drei Tage Honig in ihrem Magen. Wir nutzen im Gegensatz zur konventionellen Imkerei keine Mittelwände, sondern lassen die Bienen das Wabenwerk im Naturwabenbau selbst errichten – auch das ist in der wesensgemäßen Bienenhaltung nicht anders denkbar. Bienen, die in Schwarmstimmung sind, haben besonders viele Arbeiterinnen mit aktivierten Wachsdrüsen im Volk, um möglichst schnell und reichlich Bienenwachs (weiß wie Alabaster) schwitzen zu können – das ist wiederum überlebenswichtig, weil sich das Volk innerhalb sehr kurzer Zeit neu einrichten, bzw. die Waben für Vorräte und Brut, anlegen muss. Auf solchen frei gebauten Naturwaben können die Bienen über ihre Schwänzeltanz-Sprache übrigens auch viel besser miteinander kommunizieren, als das auf von Menschen vorbereiteten Mittelwänden möglich ist.
Hier ist nur noch ein Häufchen Bienen am Flugloch zu sehen, aber bevor es Nacht wurde, waren alle Bienchen drinnen
Summende Grüße,
Michèle
Infos zu Imkerkursen:
Imker-Seminare für naturnahe, wesensgemäße Bienenhaltung gibt es z.B. in Rosenfels direkt bei Mellifera e.V., über den Mellifera-Ausbildungsverbund aber auch in ganz Deutschland – im Stuttgarter Raum gibt es Kurse bei Tobias Miltenberger von Pro Biene (in Zeiten von Corona sogar auch in digitaler Form – ich absolvierte 2020 selbst einen solchen über das ganze Bienenjahr über) und in Norddeutschland wird man bei De Immen fündig
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