Früher hatte unser großes Mädchen oben im Dachboden ihr Reich (es finden sich noch immer Malspuren an Wänden und auf dem Boden), nachdem sie zum Studium nach Berlin zog, wünschte sie sich, dass wir in ihr Dachkämmerchen ziehen – eine Zeit lang blieb es erst mal unbewohnt, weil es mir anfangs sehr schwer fiel, das Zimmer zu räumen. Eigentlich ist es vom Platz her auch viel zu schade, um dort nur zu schlafen. Unsere anderen Kinder wollten aber nicht oben wohnen, weil es keine Türe zum Dachboden gibt.
Seit einigen Monaten haben wir nun unser Schlafzimmer unter`m Dach eingerichtet und weil wir mit unserem Bett und den paar Möbelchen drum herum nicht den ganzen Raum ausfüllen (ja, man könnte sich natürlich ausbreiten), nistete ich vor einigen Wochen noch meine Werkstatt dort oben ein und kann nun ausgiebig über all meinen Ideen brüten. Früher nähte ich im unteren Wohnbereich, was nicht immer heiter war, denn sobald unser Tisch für`s Mittagessen oder die Hausaufgaben gebraucht wurde, musste ich meine sieben Sachen wieder zusammen packen. Ich fand es trotzdem immer nett, mitten drin zu sein, aber so eine Werkstatt, in der man nicht immer alles beiseite räumen muss, das ist doch auch eine wirklich feine Sache. Mein Mann findet es etwas schade, dass ich nun so oft aus seinem Blickfeld bin und auch mir fiel es anfangs nicht leicht, mein gewohntes Chaos zu verlassen, nicht mehr alles im Blick zu haben. Inzwischen schätze ich mein neues Nähstübchen sehr und worüber ich mich auch noch freue: ein ganz besonderes Herzstückchen – unsere Zwillingswiege – hat endlich wieder einen festen Platz. Vor 10 Jahren hing sie an langen Seilen in unserem damaligen Schlafzimmer, später im Wohnzimmer (für das Mittagsschläfchen) und nachdem unsere beiden Buben mehr oder weniger aus dem Körbchen heraus wuchsen, stand es noch eine ganze Weile im Kinderzimmer, bevor wir es dort an die Wand hingen. Wir hatten vor, das Zwillingskörbchen in ein Regal zu verwandeln. Bei der Idee blieb es allerdings (zumindest vorerst) – so ganz wohl war mir bei dem Gedanken daran nämlich (noch) nicht. Dieses Weidenkörbchen war und ist mir einfach sehr heilig – früher hing die Wiege an einer Decke und schwang unsere Nesthäkchen in den Schlaf, nun hängt mein Herz daran und meine Wehmut schwingt leise zwischen dem Weidengeflecht…
Als mein Nähstübchen soweit eingerichtet war, wusste ich sofort, dass hier der neue Platz für mein Herzstückchen war – groß genug für unsere Zwillinge, um sich darin einzuigeln, ist es nämlich allemal. Auf den Bildern erscheint es vielleicht nicht ganz so riesig, aber selbst ich finde gemütlich darin Platz, wenn ich mich zusammen rolle.
Nun hat das Zwillingskörbchen also seinen Platz in meinem Nähstübchen und wird gerne bewohnt. Zwar steht wie gesagt auch unser Bett im selben Raum (gleich nebenan hinter der Leinengardine), unsere Buben machen es sich tagsüber aber zwischendurch viel lieber im Weidenkorb gemütlich, hören Musik, blättern in Bilderbüchern, erzählen sich Geschichten, machen ein Mittagsschläfchen oder kuscheln mit den Katzen, die diesen Ort auch sehr lieben.
Neulich war einer meiner Buben krank und genoss die Gemütlichkeit im Amselnest und mit mir nebenan an der Nähmaschine. Ich erinnere mich noch genau an früher, als ich noch ein kleines Mädchen war und jeden Tag mit meiner Oma in ihrem Nähstübchen saß – mich beruhigten die Nähmaschinengeräusche immer sehr.
Und nachdem das Fieber überstanden war, leistete das kleine Schneiderlein mir mit Nadel & Faden Gesellschaft.
Frühlingssonnige Märzgrüße,
Michèle ♥