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natürlich färben mit Mahonie

Gestern haben wir Leinen und Schafwolle (nicht auf dem Bild zu sehen) mit Mahonien-Beeren gefärbt – ich habe gelesen, dass diese Früchte wunderschöne Rosé- und Lilatöne ergeben und das war tatsächlich der Fall, zumindest erst einmal… Schade, dass ich den Topfinhalt nicht fotografiert habe, es war alles wunderschön leuchtend und kräftig wie Himbeereis.

So ähnlich war es auch neulich, als ich mit Holunder- und Schlehen gefärbt habe und weil ich damals die Erfahrung gemacht habe, dass man sich nicht zu früh freuen sollte, war ich etwas auf der Hut. Zuerst einmal muss man ohnehin wissen, dass die Farbe, die man zunächst im Farbsud zu Gesicht bekommt, in der Regel nicht der endgültigen Farbe entspricht – nach dem Auswaschen und Trocknen ist die Farbe meist viel zarter, denn durch das mehrmalige Auswaschen in klarem Wasser werden überschüssige Farbpigmente entfernt. Außerdem erscheinen Farben in nassem Zustand generell viel kräftiger als nach dem Trocknen. Von daher ist der Anblick im Farbsud also meist nur eine leise Ahnung vom späteren Ergebnis.

Ich wasche mein Färbegut nach dem Färben zuerst einmal so lange in reinem Wasser aus, bis das Wasser klar ist, damit die Sachen später so wenig wie möglich ausbluten (solche Wolle habe ich vor Jahren mal gekauft und mich soooo geärgert, weil sich mein damit Gestricktes ineinander furchtbar verfärbt hat). Meist färbe ich Wolle, Leinen, Seide, Baumwolle, Mullwindeln oder auch mal kleinere Kleidungsstücke und weil mir klar ist, dass ich all das später auch mal „richtig“ waschen werde, wasche ich frisch Gefärbtes nicht nur in klarem Wasser, sondern zum Schluss auch nochmal mit etwas Waschmittel – Wolle natürlich von Hand mit Wollwaschmittel, Leinen, Baumwolle usw. wasche ich nach der Handwäsche meist sogar nochmal bei 30-40 °C in der Waschmaschine (mit Bio-Waschmittel, ohne optische Aufheller u.ä.). Bisher hat alles immer prima geklappt, man muss eben damit rechnen, dass die gefärbten Sachen noch einmal etwas an Farbe verlieren. Mir ist aber wichtig, alles nochmal so zu waschen, wie ich es auch sonst handhabe. Wenn ich aus meiner gefärbten Wolle z.B. eine Mütze oder Strümpfe stricke, wasche ich diese Sachen nach dem Tragen, bzw. bei Verschmutzungen auch nicht nur mit Wasser. Mein gefärbten Leinen vernähe ich und auch das wird zu gegebener Zeit einmal entweder von Hand oder in der Waschmaschine gewaschen, ebenso Mulltücher usw. Und wenn ich Gefärbtes verschenke, muss ich davon ausgehen, dass die Sachen auch anderswo wie gewohnt gewaschen werden. Ich wasche also meine Färbereien lieber gleich „richtig“ und verschone damit hoffentlich andere vor Enttäuschungen.

Wie gesagt, es war ja immer alles fein, bis ich nach dem Sommerurlaub mit Schlehen gefärbt habe, die ich von der Nordsee mitgebracht habe. Die Farbpracht im Topf war eine Wonne, vergleichbar mit Himbeersaft, das Leinen pink, unglaublich strahlend, die Wolle etwas gedämpfter, aber auch wunderschön rosa. Nach dem Ausspülen war natürlich alles zarter, aber dann…. Dann habe ich einen kleinen Spritzer Waschmittel ins Wasser gegeben und ungläubig beobachtet, dass sich überall dort, wo das Leinen oder die Wolle mit dem Waschmittel in Berührung gekommen ist, die Farbe augenblicklich völlig verändert – innerhalb von Sekunden das gesamte Färbegut. Alles war grau, einzig ein Hauch von Rosé ist geblieben (beim Leinen mehr, bei der Wolle weniger). Ich war furchtbar enttäuscht, habe alles wieder in den Färbetopf gegeben, das ganze nochmal sachte erhitzt, über Nacht im abkühlenden Sud belassen, in der Hoffnung, dass doch noch etwas mehr Rosé zum Vorschein kommen würde. Beim Leinen war das tatsächlich so, bei der Wolle hat sich kaum etwas verändert, obwohl ich den Farbsud nochmal mit frischen Beeren aufgefrischt habe. Das war wirklich eine Überraschung und Lehre zugleich für mich. Man lernt so viel beim Ausprobieren.
Am selben Wochenende habe ich unsere Holunderbeeren gepflückt, die leider schon am Vertrocknen waren – es hat ja seit Wochen nicht geregnet. Das Ergebnis nach dem Färben war ähnlich wie bei den Schlehen – anfangs im Topf ein wundervoller Anblick, nach dem Auswaschen zunächst auch noch sehr schön, aber nach dem Waschen mit Waschmittel – Pustekuchen. Ich hab`s übrigens mit unterschiedlichen Waschmitteln versucht – Wollwaschmittel, Flüssigwaschmittel, Pulver.

Ich war also gewarnt, als ich gestern mit Mahonie-Beeren gefärbt habe. Der Anblick im Farbbad war wie erwartet eine helle Freude – wie leuchtender Himbeerblaubeersaft. Und jetzt zeige ich euch mal was:

Das obere kleine Fitzelchen Leinen, das anfangs so richtig kräftig rosalilalich war, habe ich erst mal wie immer in klarem Wasser ausgewaschen – getrocknet war es dann zart pastell-rosé, wie auf dem Bild zu sehen (ich hab in weiser Voraussicht ein Schnipselchen abgeschnitten, bevor ich weiter gewaschen habe). Aber dann – dann hat mich die nächste Überraschung erwischt. Ich habe das rosa Leinen nach dem Ausspülen mit flüssigem Bio-Waschmittel gewaschen (nur einen klitzekleinen Spritzer ins Wasser gegeben) und augenblicklich war das Leinen auch dieses Mal gräulich – ich hätte bitterlich weinen können. Völlig frustriert hab` ich das Leinen im Waschwasser hin- und her geschwenkt und wie von Zauberhand hat sich das Grau nach einigen Momenten in Aquamarin verwandelt (die Schafwolle leider nicht) – schaut euch das mal an. Was für ein aquablaues Wunder.

Gebeizt habe ich übrigens mit Alaun (es war aber auch ein ungebeiztes kleines Leinenstückchen mit im Topf, das Ergebnis war identisch – ohne Beize ist die Farbe jedoch evtl. noch weniger beständig. Den Strang Wolle werde ich wohl überfärben (ich mag ihn gar nicht angucken) – eine kräftige Walnussschalenflotte ist immer meine letzte Rettung für solche Unfälle. Über das aquafarbene Leinen freue ich mir aber gerade ein Loch in den Bauch.

Ich frage mich ja immer noch, wie das alles so kommt – es sind wohl Reaktionen mit dem Waschmittel, die solche Veränderungen hervorbringen. Außerdem ist mir eingefallen, dass man sowas auch im Alltag beobachten kann – wenn die Kinder z.B. Kirschen essen und ihre Hemdchen bekleckern, ist der Fleck auch erst einmal rot vom frischen Kirschsaft. Wenn man aber ganz geschwind versucht, den Fleck auszuwaschen, wird er blau. Und ich erinnere mich noch an Flecken von Holunderbeeren auf meinem Kleid, die nach dem Waschen tatsächlich auch blassgrau waren.
Auch Flecken von Rotkohl werden blau und bleichen durch das Waschen nach und nach aus.
Ich schreibe mir solche Beobachtungen beim Färben mit Pflanzen auf (manchmal auch einfach nur hinter die Ohren), denn schließlich sind es wichtige Erfahrungen, die man sammelt.

Ich habe das Gefühl, mit Beeren zu färben ist grundsätzlich etwas heikel, sicherer (soweit man das überhaupt sagen kann) ist man mit anderen Pflanzenteilen, mit Blättern z.B., Wurzeln, Rinden, Schalen… Ich weiß auch nicht, wie andere Pflanzenfärber das handhaben – viele waschen ihre Färbesachen zunächst wahrscheinlich einfach nur mit Wasser aus, ohne Waschmittel. Als ich vor ca. 20 Jahren das erste Mal am Waldorfseminar mit Pflanzen gefärbt habe, haben wir das genauso gemacht. Wir haben all unsere Seidentücher einfach nur mit Wasser ausgespült und fertig. Böse Überraschungen hat es trotzdem auch zu Hause nicht gegeben, wir haben nicht mit Beeren gefärbt. Ich kann mir vorstellen, dass Beerenfarben einfach etwas „eigen“ mit Waschmittel reagieren.

Die Pflanzenfärberei ist voller Überraschungen. Man kann eine andere Beizart wählen oder weiches Regenwasser zum Färben verwenden (unseres hier ist sehr hart) – auch das kann die Färberei beeinflussen. Gibt man Weizenkleie oder Eisenoxid mit zur Farbflotte, beeinflusst auch das den Färbevorgang. Kürzlich habe ich einen kleinen Schuss Apfelessig in meinen Avocadosud gegeben, weil ich irgendwo gelesen habe, dass die Farbe dadurch kräftiger wird – bei mir hat sich das wunderschöne Rosé in einen Rostton verwandelt (der zwar auch schön ist, aber halt nicht das, was ich mir vorgestellt habe). Falls ich aber irgendwann mal einen Rostton haben möchte, weiß ich jetzt immerhin, wie das geht 😉

Nachtrag: inzwischen weiß ich, warum sich die Beerenfarbe nach dem Waschen so verändert – es liegt am PH-Wert. Beeren haben einen (je nach Beerensorte unterschiedlich) sauren/niedrigen PH-Wert, Waschmittel dagegen einen höheren/basischen und eben das verändert dann die Beerenfarbe auf dem Färbegut. Ich könnte dem entgegen wirken, indem ich das Gefärbte in Essigwasser lege. Das habe ich gestern am späten Abend noch ausprobiert, weil es mir keine Ruhe gelassen hat (habe einen Schnipsel vom blauen Leinen dafür abgeschnitten) – das Leinenstückchen war dann wieder roséfarben. Aber das ist natürlich keine Lösung, denn ich möchte eigentlich schon, dass die Farbe gleich bleibt ohne Zutun. Wenn ich mich richtig erinnere, sind Farben aus Beeren auch weniger lichtecht. Ich persönlich werde mich in Zukunft wohl eher mit anderen Pflanzenteilen beschäftigen. Der kleine sommerliche Ausflug in das Reich der Beeren war schön und lehrreich, das genügt mir allerdings – Mutter Natur hat so viele Schätze zu bieten

 

Schöne Spätsommergrüße,

Michèle ♥

Profilbild, Michèle Brunnmeier, Fotograf, Bietigheim-Bissingen, Ludwigsburg