Neben der Holzknöpfchenmacherei haben wir in den Sommerferien damit begonnen, mit verschiedenen Pflanzen zu färben (das steht schon eine kleine Ewigkeit auf meiner to-do-Wunschliste). Während meiner Zeit am Waldorfseminar (was inzwischen beinahe 20 Jahre her ist) bin ich ein ganzes Wochenende lang in den Genuss der Pflanzenfärberei gekommen – damals haben wir Seidentücher für den Jahreszeitentisch gefärbt (auch die Wiegenschleier meiner Kinder sind dabei entstanden) – seitdem werden all diese Tücher bei uns zu Hause zum Spielen, als Jahreszeitentuch, Halstuch usw. verwendet. Manche sind inzwischen zwar ein kleines bisschen verblasst, haben ansonsten aber nichts an ihrer Schönheit verloren.
Viele Jahre später habe ich zusammen mit drei Kolleginnen eine Naturgruppe in unserem Waldorfkindergarten gegründet und aufgebaut – jeden Freitag waren wir mit den angehenden Schulkindern der drei Kindergartengruppen auf einem wunderschönen Gelände einer befreundeten Familie mit großem, ausgebauten und dazu sehr liebevoll eingerichteten Bauwagen, selbstgeflochtenem Weidenhäuschen (samt integriertem Sitzbänkchen für unser Frühstück), Tieren wie Pferden, Schafen und Hühnern, die wir gehegt und gepflegt haben, sogar ein eigenes Bauerngärtchen haben wir dort bewirtschaftet (Gemüse für unsere Mahlzeiten). Auch die geschorene Wolle der Schafe Liese & Lotte haben wir verarbeitet: Zuerst mit Kernseife in großen Zinkwannen gewaschen, danach in der Sommersonne getrocknet und anschließend kardiert. Das allein war eine wohltuende und erlebnisreiche Tätigkeit, an die ich mich sehr gerne erinnere. Als i-Tüpfelchen haben wir die Schafwolle und dazu Seidentücher gegen Ende des Kindergartenjahres mit allerlei Pflanzenfarben (Walnussschalen, Birkenblättern, Zwiebelschalen,…) in einem großen Kessel auf der Feuerstelle, auf der wir sonst Brötchen gebacken und Suppe gekocht haben, gefärbt – was für ein Anblick und Staunen, als die Farbpracht auf einer langenlangenlangen Wäscheleine zum Trocknen aufgehängt über die große Wiese gespannt war, flatternd im Wind….für mich unvergesslich.
Zusammen mit im Jahreslauf gesammelten und getrockneten Teekräutern und vielen anderen Naturwerkeleien dieser wunderbaren Zeit, haben die „Königskinder“ unseres Waldorfkindergartens all diese Kostbarkeiten am Ende ihrer Kindergartenzeit zum Abschied mit nach Hause bekommen.
Ach, war das schön und ach, ist das lange her… Seitdem habe ich nicht mehr mit Pflanzen gefärbt, mich aber immer daran erinnert, wenn ich eines der Seidentuch hervorgeholt habe. Vor einigen Monaten ist mir dann ein Buch von Rebecca Desnos begegnet und hat das Pflanzenfärbefieber in mir neu entflammt – vor allem hat es mir das Färben mit Avocado angetan. Wir haben einige Tage lang fleißig Avocadofrüchte gegessen, Schale und Kerne gesäubert, getrocknet und uns in den Sommerferien ans Werk gemacht.
Damit die Fasern die Pflanzenfarben gut in sich aufnehmen (tierische Fasern tun das von Natur aus leichter als pflanzliche) und möglichst gut und lange bei sich behalten (Lichtechtheit), muss das Färbegut (Wolle und Stoffe) vorab gebeizt werden. Klassischerweise wird mit Alaun (Kaliumaluminiumsulfat) gebeizt. Rebecca Desnos beschreibt in ihrem Buch die Alternative Beizmethode mit Sojamilch, was mir ziemlich gut gefällt.
Hier ist das Ergebnis meines ersten Färbeversuchs mit Avocado (gebeizt mit Alaun):
Rechts:
Schafschurwolle (Sockenwolle), Leinen & Büttenpapier, gefärbt mit Avocado-Kernen
Links:
Schafschurwolle (Sockenwolle), gefärbt mit Avocado-Schale
Die Kerne färben einen wunderschönen Mauve-Ton, die Schale sollte eigentlich ähnlich färben, wenn auch weniger kräftig. Bei meinem ersten Versuch hatte ich nicht ganz so viel Schalen und Kerne zur Hand (ich war etwas ungeduldig), weswegen die Farben wohl so zart ausfallen. Dass die Avocado-Schale die Wolle aber eher in einen weichen Braunton hüllt, das hätte ich nicht erwartet und kann leider auch nicht genau erklären, warum das so war. Wahrscheinlich kommt es auch auf die Avocado-Sorte an (es gibt meines Wissens nach mindestens zwei Sorten mit unterschiedlicher Schalenfarbe). Warten wir mal den zweiten Versuch ab, ich berichte dann gerne ausführlicher, auch mit detaillierter Vorgehensweise, Mengenangaben, Bezugsquellen usw., vor allem aber auch mit dem Ergebnis meines Versuchs mit Sojabeize (Wolle und Leinen baden gerade für 12 Stunden in Sojamilch, die komplette Vorbehandlung in dieser Weise braucht ca. 1 Woche)
Am Ende der Sommerferien haben wir noch mit Walnuss-Schalen und -Blättern gefärbt (gebeizt mit Alaun)
Links:
Schafschurwolle (Sockenwolle) & Büttenpapier, gefärbt mit Walnuss-Schalen
Rechts:
Schafschurwolle (Sockenwolle) & Büttenpapier, gefärbt mit Walnuss-Blättern
Walnussblätter färben normalerweise Braun-Oliv-Töne, dass sie bei mir diesen wunderschönen Currygelbgoldgrünton ergeben haben liegt wahrscheinlich daran, dass wir die Walnuss-Blätter (einen großen Weidenkorb voll) zum Sommerende hin (es war schon September) gepflückt haben und diese in dieser Zeit schon nicht mehr ihre volle Farbkraft haben (bald schon werden sie gelb am Boden liegen). Färben mit Pflanzen ist halt einfach überraschelnd 😉
Toll finde ich, dass eine Pflanze so unterschiedliche Farbtöne hervorbringt und diese dennoch wunderbar miteinander harmonieren (was auch bei Avocado der Fall ist – ich stricke vielleicht etwas Geringeltes daraus).
Morgen kommt mein neuer Färbetopf – ich habe gelesen, dass auch das Material des Topfs Auswirkungen auf das Farbergebnis hat (chem. Reaktionen der Pflanzenfarbe mit Aluminium, Kupfer, Eisen,…) und weil man sowieso keine Töpfe für`s Beizen & Färben nehmen soll, die man noch zum Kochen braucht, habe ich mir nun extra für die Pflanzenfärberei einen großen Alutopf bestellt (für den Anfang habe ich meinen Emailletopf aus dem Keller geholt, in dem ich vor Jahren Naturseife gesiedet habe).
Septembergrüße,
Michèle ♥